Gesundes Abnehmen - so gelingt's

Das Thema Gewichtsabnahme beim Pferd gewinnt zunehmend an Bedeutung. Studien haben erschreckende Erkenntnisse zutage gebracht. So leiden rund 50 Prozent der Pferde an Übergewicht. 50 Prozent! Etwa 20 Prozent sind bereits fettleibig. [1]

Übergewicht kann bei Pferden, genau wie bei uns Menschen, zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen.

Umso wichtiger ist es, das Pferdegewicht im Blick zu behalten und die Notbremse zu ziehen, bevor es unschöne Folgen nach sich zieht. Dabei geht es nicht um „Schlankheitswahn“ bei Pferden, sondern allein um die Erhaltung der Gesundheit. Leider sind unsere Augen bereits sehr an übergewichtige Pferde gewöhnt, weshalb dies häufig fälschlicherweise als normal angesehen wird.  

Wir möchten dir im Folgenden einige Tipps an die Hand geben, wie du dem Übergewicht den Kampf ansagen kannst. 

Verschaff' dir einen Überblick

Bevor du etwas unternimmst, solltest du einmal den aktuellen Stand genau erfassen.

Mache Fotos, ermittle den Body Condition Score sowie das aktuelle Gewicht deines Pferdes.

Das Gewicht kannst du mittels Maßband oder mit Hilfe der Pferdewaage ermitteln.

Eine Anleitung zur Ermittlung des Body Condition Scores findest du hier. 

Damit ist schon einmal der erste, wichtige Schritt getan. Du kennst die "harten Fakten" und kannst damit arbeiten, sowie den Fortschritt messen. 

Auch wenn's weh tut - nur wenn du das Problem erkannt hast, kannst du handeln und die Gesundheit deines Pferdes schützen! 

Gestaltung der Raufuttergabe und Weidegang

Raufutter, wie Heu oder Gras, bildet die Basis der Pferdefütterung und ist auch beim Abnehmen von großer Bedeutung.

Keinesfalls darf ein zu dickes Pferd auf Radikaldiät gesetzt werden. Die Folge kann bspw. eine Hyperlipidämie sein. Dabei werden bei energetischer Unterversorgung Fettdepots unverhältnismäßig stark abgebaut. Die abgebauten Fette reichern sich im Blut und in der Leber an und können wiederum zu schwerwiegenden Erkrankungen führen. [2]

Die Menge des Raufutters sollte an die individuellen Bedürfnisse des Pferdes angepasst werden. Bei übergewichtigen Pferden kann es ratsam sein, die Heumenge zu reduzieren und stattdessen eine Mischung aus Heu und Stroh anzubieten. Stroh hat einen höheren Rohfasergehalt und weniger Nährstoffe als Heu, was zu einer geringeren Energieaufnahme führt. Auch das Wässern des Heus kann dazu beitragen, den Energiegehalt zu reduzieren, da ein Teil der löslichen Kohlenhydrate ausgewaschen wird.

In jedem Fall ist es wichtig sicherzustellen, dass das Pferd dennoch ausreichend Nährstoffe erhält.

Außerdem solltest du dein Pferd nicht hungern lassen und darauf zu achten, dass auch bei reduzierter Heumenge keine zu langen Fresspausen (über 6 Stunden) entstehen. Der Einsatz von Slowfeedern, Heunetzen oder zeitgesteuerten Heuraufen kann dieses Dilemma reduzieren.

Im Offenstall kannst du viele verschiedene Futterstellen möglichst weit von einander entfernt einrichten, sodass sich die Pferde von A nach B bewegen müssen. Auch die Trennung von Heu, Wasser und Schlafplätzen hilft dabei, mehr Bewegung rein zu bringen. Ein Paddock-Trail oder Aktivstall ist – bei gutem Management und natürlich abhängig vom jeweiligen Pferd – einem Offenstall mit 24/7 Fütterung vorzuziehen!

Bei übergewichtigen Pferden ist es ggfs. notwendig, nur begrenzten Zugang zur Weide zu gewähren, um die Graszufuhr zu kontrollieren oder den Weidgang vorübergehend ganz zu streichen. Ganztägiger oder mehrstündiger Weidegang auf fetten Weiden kann zu einer übermäßigen Energieaufnahme führen. Die Dauer des Weidegangs muss unbedingt auf die Weidebeschaffenheit sowie den Energiebedarf des Pferdes abgestimmt werden.  

Bewegung und ihre Bedeutung für das Abnehmen

Bewegung spielt eine entscheidende Rolle beim gesunden Abnehmen des Pferdes.

Der Energiebedarf eines Pferdes steigt bei geringfügiger Arbeit (entspricht etwa 30 Minuten Schritt, 10 Minuten Trab, 5 Minuten Galopp mit Reiter oder 80 Minuten Schritt ohne Reiter, bspw. Spazierengehen) um etwa 15 MJ metabolische Energie (ME) an, im Vergleich zu einem Pferd, das keine Arbeit leistet. Das entspricht dem Energiegehalt von ca. 2 kg Heu.

Bei leichter Arbeit (entspricht etwa 30 Minuten Schritt, 20 Minuten Trab, 10 Minuten Galopp) steigt der Energiebedarf  um weitere 10 MJ ME, somit sind es bereits etwa 25 MJ ME, die zusätzlich verbraucht werden. Das entspricht dem Energiegehalt von ca. 3,5 kg Heu.

Angenommen wurde bei diesen Beispielen ein Pferd mit 600 kg und ein Reiter mit 70 kg. [3]

Bei stark übergewichtigen Pferden sollte die Bewegung behutsam eingeführt und langsam gesteigert werden, um Überlastungen der Sehnen und Gelenke zu vermeiden. Der Einsatz von Schrittmaschinen und kontrollierte, moderate Bewegung ist empfehlenswert. Das Training kann nach und nach intensiviert werden, indem man das Pferd zunächst vermehrt Schritt gehen lässt und später zu langsamen Trab- oder Galoppabschnitten übergeht. Es ist wichtig, die individuellen Grenzen des Pferdes zu beachten und gegebenenfalls tierärztlichen Rat einzuholen.

Wichtig: Bei übergewichtigen Pferden ist ein moderates, regelmäßiges Training deutlich zielführender als „Hochleistungssport“. „Bei langsam gesteigerten Ausdauerleistungen mit nicht zu hoher Geschwindigkeit wird körperverträglich […] Depotfett umgewandelt […] und die gleichmäßige Lungenatmung […] trainiert.“ [4]  

Mineralstoffe und Vitamine

„Mein Pferd ist eh schon übergewichtig, es braucht kein Zusatzfutter…“

Halt Stopp! Diese Aussage hören wir sehr häufig. Allerdings ist das ein Mythos. Auch übergewichtige Pferde benötigen eine ausgewogene Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen. Heu oder Gras allein decken den Bedarf in der Regel nicht. Eine Rationsberechnung ist unerlässlich, um den Mineralstoff- und Energiebedarf deines Pferdes zu ermitteln und ein passendes Futter zusammenzustellen.

In einem Punkt geben wir dir Recht: Ein energiehaltiges Kraftfutter wird es wohl nicht benötigen, wenn es abnehmen soll. Allerdings solltest du auch im Hinblick auf Proteine und Aminosäuren darauf achten, dass der Bedarf deines Pferdes gedeckt ist. Denn auch ein übergewichtiges Pferd benötigt Proteine! Und gerade bei einem proteinarmen Heu, wie es bei der Ernte aus 2022 häufig der Fall war, kann das Zufüttern von hochwertigen Proteinen übers Krippenfutter notwendig sein. Ob dies bei deinem Pferd notwendig ist, zeigt eine Bedarfsermittlung und Rationsberechnung.

Eine Heuanalyse kann hilfreich sein, um genau zu wissen, wie hoch der Energie-, Protein-, sowie Zuckergehalt des Heus ist und das Krippenfutter exakt darauf abstimmen zu können.  

Futtermittel, auf die dein Pferd verzichten sollte

Ein zu dickes Pferd sollte bestimmte Nahrungsmittel vermeiden, um die Gewichtsabnahme zu unterstützen.

Dazu gehören zucker- und stärkehaltige Futtermittel oder zuckerhaltige Leckerlis. Auch Melasse sollte vom Speiseplan gestrichen werden – das gilt aber ehrlich gesagt auch für schlanke Pferde…

Die Fütterung von kleinen, aber häufigen Mahlzeiten kann helfen, den Stoffwechsel anzukurbeln und das Sättigungsgefühl zu fördern.

Als gesunde Belohnung kannst du Äpfel und Karotten (in Maßen!) sowie zucker- und getreidefreie Leckerlies verwenden.

Fazit

Das gesunde Abnehmen beim Pferd erfordert eine ganzheitliche Herangehensweise, die eine ausgewogene Raufuttergabe, angemessene Bewegung, die richtige Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen, eine angepasste Futterzusammenstellung und eine gezielte Förderung der Fettverbrennung umfasst.

Besonders wichtig ist eine regelmäßige, objektive Beurteilung des Body Condition Scores deines Pferdes. Dazu empfiehlt es sich, Fotos zu machen. In Ergänzung dazu kannst du das Gewicht in regelmäßigen Abständen mittels Pferdwaage oder Maßband ermitteln (lassen), um den Fortschritt des Abnehmens messen zu können.

Gerne entwickeln wir mit dir gemeinsam eine individuelle Abnehmstrategie für dein Pferd, um mögliche Risiken zu minimieren und die Gesundheit deines Pferdes zu fördern.

Durch eine sorgfältige Planung und Umsetzung kann das Pferd auf gesunde Weise Gewicht verlieren und seine Gesundheit langfristig verbessern.

Wir geben dir eine Empfehlung zur optimalen Raufuttergabe und stellen dir ein Krippenfutter für dein Pferd zusammen, mit dem es alle wichtigen Nährstoffe in Ergänzung zum Raufutter bekommt, ohne zusätzlich Energie aufzunehmen.

Quellen:

[1] https://www.pferderevue.at/magazin/haltung_fuetterung/2018/04/unsere_pferde_werdenimmerdickertierarztwarntvorlebensbedrohendem.html

[2] „Pferdefütterung“, 2020, Manfred Coenen, Ingrid Vervuert, S. 315f.

[3] „Pferdefütterung“, 2020, Manfred Coenen, Ingrid Vervuert, S. 85

[4] „Praxishandbuch Pferdefütterung“, 2011, Ingolf Bender, S. 139.