29/01/2024

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Auswirkung von Heunetzen auf die Pferdegesundheit

Neben den positiven Aspekten kursieren viele Sorgen und Ängste rund um das Thema Heunetze. Wie wirkt sich die Nutzung der Netze auf die Zahngesundheit der Pferde und auf den Bewegungsapparat aus? In diesem Post liefern wir dir Antworten.

Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur Auswirkung von Heunetzen auf die Pferdegesundheit

Foto: rihaij / Pixabay

Heunetze finden in vielen Pferdeställen Anwendung, um zum einen die Raufutteraufnahme zu reduzieren und zum anderen, um Heuverluste, die bei loser Heufütterung entstehen, einzudämmen.

Gerne wird vor allem bei ad libitum Fütterung auf Heunetze zurückgegriffen.

Es gibt sie in vielen verschiedenen Formen und Größen, mit unterschiedlicher Maschenweite und Stärke der Netze.

Unter den Slowfeeding-Systemen sind die Heunetze am weitesten verbreitet. Dies ist sicherlich auch durch die vergleichsweise günstige Anschaffung sowie die einfache Handhabung im Stallalltag bedingt.  

Neben den positiven Aspekten kursieren jedoch auch viele Sorgen und Ängste rund um das Thema Heunetze.

Wie wirkt sich die Nutzung der Netze auf die Zahngesundheit der Pferde und auf den Bewegungsapparat aus?

Mit dieser Frage haben sich Wissenschaftlerinnen in der Schweiz beschäftigt. In ihrer Doktorarbeit hat Marie Roig-Pons, Doktorandin der Universität Bern und des Schweizer Nationalgestüts von Agroscope die „Auswirkungen der Fütterung aus Heunetzen auf die Muskel-Skelett-Gesundheit“ bei Pferden untersucht.

Am 1. Pferdeernährungs-Fachkongress des Tierwissenschaftlichen Instituts im November 2023 in Leutesdorf (Deutschland) hat Anja Zollinger, ebenfalls Wissenschaftlerin der Forschungsgruppe Equiden am Agroscope, Schweizer Nationalgestüt SNG in Avenches die Ergebnisse vorgestellt.

In diesem Blogartikel möchten wir dir die sehr interessanten Ergebnisse vorstellen und mit dem ein oder anderen Mythos aufräumen. 

Nutzen von Heunetzen

Pferde sind in der freien Wildbahn etwa 16 Stunden pro Tag mit der Futtersuche und Nahrungsaufnahme beschäftigt. In dieser Zeit bewegen sie sich langsam vorwärts und grasen. In der Natur machen die Pferde normalerweise kaum Fresspausen über 4 Stunden.

In unseren heutigen Haltungssystem ist dies selten möglich. Häufig werden die Pferde 3x täglich gefüttert und stehen den Rest des Tages viel herum. Dabei kommt leicht Langeweile auf und es ergeben sich zum Teil lange Fresspausen von deutlich mehr als 4 Stunden.

Gerade Robustrassen wie Haflinger, Isländer, Shetlandponies, etc., die schnell zu Überfettung neigen und verhältnismäßig kleine Rationen bekommen dürfen, laufen Gefahr, durch zu kurze Fresszeiten Magenprobleme oder unerwünschte Verhaltensmuster zu entwickeln.

Heunetze sind eine einfache, kostengünstige Möglichkeit, um die Futteraufnahme zu verlangsamen, die aufgenommene Heumenge zu reduzieren, den Pferden mehr Beschäftigung zu bieten und gleichzeitig auch den Verlust von Heu, das bspw. zertreten und verschmutzt wird, einzudämmen.

Sorgen bei der Benutzung von Heunetzen

Viele Pferdebesitzer haben Sorge, die Verwendung von Heunetzen könnte negative Auswirkungen auf die Gesundheit ihrer Pferde haben.

In diversen Internetforen kursieren Gerüchte darüber, dass sich der Zahnabrieb der Pferde deutlich verstärkt und die Pferde osteopathische Probleme bekommen. Auch besteht die Sorge, die Pferde könnten Frust entwickeln und dem Menschen gegenüber nicht mehr so freundlich gestimmt sein, wie wenn das Heu lose gefüttert wird. 

Studienaufbau

Die schweizer Wissenschaftler/-innen rund um Marie Roig-Pons haben Versuche mit zwei Pferdegruppen angestellt. Eine Gruppe mit Pferden, die aus Slowfeeding-Systemen fressen und eine Kontrollgruppe. Es wurden insgesamt rund 700 Pferde untersucht. Es handelte sich dabei sowohl um Privat-, als auch Zucht- und Schulpferde.

Dabei wurde darauf geachtet, dass in beiden Gruppen eine gleichmäßige Verteilung hinsichtlich Alter, Haltungsbedingungen, Gesundheit, wie häufig sie geritten werden, Hufpflege und -beschlag vorhanden ist.

Alle Pferde wurden im Hinblick auf ihre Muskel-Skelett-Gesundheit und ihr Verhalten gegenüber dem Menschen (sowohl freilaufend, als auch angebunden) untersucht. Auch die Länge der Tasthaare und der Zustand der Zähne und des Zahnfleisches wurden untersucht.

Dabei wurde auch berücksichtigt, aus welcher Art Heunetz bzw. Slowfeeder die Pferde fressen (Fresshöhe, Maschenweite, Befestigung, Ausrichtung, etc.).

Ergebnisse der Studie

Die Muskel-Skelett-Gesundheit wurde von einer erfahrenen und diplomierten Pferdeosteopathin beurteilt. Die Ergebnisse sind sehr interessant. Es wurden nämlich keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den beiden Pferdegruppen festgestellt.

Bei der Fütterung aus Heunetzen kam es demnach nicht zu einer Zunahme an osteopathischen Problemen in der oberen Halswirbelsäule, der Rückenlinie, des Kopfes und der Hinterhand.

Anders verhält es sich beim Maulbereich. Zwar ergab sich kein vermehrter Zahnabrieb durch die Heunetze, jedoch stellt die Verwendung von Netzen einen Risikofaktor für Abrieb an den Tasthaaren und für leichte Zahnfleischentzündungen dar.

Dazu muss jedoch erwähnt werden, dass es auch bei der Kontrollgruppe Pferde mit abrasierten Tasthaaren und Zahnfleischproblemen gab. Die Netze können daher nicht als alleinige Ursache gesehen werden.

Beim Verhalten der Pferde gegenüber dem Menschen gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Alle Pferde waren demnach gleich „freundlich“. Die Studie zeigte aber Unterschiede im Verhalten der Pferde abhängig von der Muskel-Skelett-Gesundheit. Dem Menschen gegenüber „freundliche“ Pferde hatten verhältnismäßig weniger Probleme mit der Muskel-Skelett-Gesundheit als Pferde, die sich weniger „freundlich“ verhalten haben.

Interessant ist auch eine weitere Erkenntnis, die aus der Studie hervorging.
Pferde, die Zugang zu mehreren Fütterungseinrichtungen hatten (Heunetze, Gras, Heu auf dem Boden oder verschiedene Slowfeeding-Systeme), hatten statistisch gesehen eine bessere Muskel-Skelett-Gesundheit.  

Zudem wurde herausgefunden, dass die Höhe, auf der das Raufutter angeboten wird, einen Einfluss auf die Muskel-Skelett-Gesundheit hat. Pferde, die aus Raufen über dem Boden, aber nicht über 0,3 x Widerristhöhe gefüttert werden, haben eine bessere Muskel-Skelett-Gesundheit als Pferde, die direkt vom Boden oder aus einer Höhe von über 0,3 x Widerristhöhe gefüttert werden.

Pferde, die ihr Futter aus Raufen mit einer Höhe von über 70% der Widerristhöhe bekommen, hatten tendenziell mehr osteopathische Probleme.

Fazit

Heunetze stellen eine gute Möglichkeit dar, die Pferde ausreichend zu beschäftigen und lange Fresspausen zu vermeiden, ohne sie zu überfüttern.

Die Bedenken bezüglich eines höheren Zahnabriebs in Kombination mit Heunetzen sind unbegründet. Auch haben die Pferde keine verstärkten Probleme in der Muskel-Skelett-Gesundheit.

Wichtig ist jedoch, das Zahnfleisch und die Tasthaare im Blick zu behalten und regelmäßig zu kontrollieren, da die Heunetze potenzielle Risikofaktoren darstellen.

Auch sollten die Heunetze auf der richtigen Höhe positioniert werden, um Muskel-Skelett-Problemen vorzubeugen. 

Ideal ist es, wenn die Pferde zwischen verschiedenen Fütterungssystemen wählen können. Gerade auch im Bezug auf den Bewegungsanreiz ist es daher eine gute Idee, verschiedene Fressstellen möglichst weit entfernt voneinander einzurichten und dort unterschiedliche Arten an Slowfeedern oder ggfs. auch einen Teil loses Heu anzubieten. So können die Pferde zwischen den einzelnen Stellen pendeln und auch je nach persönlicher Vorliebe ihr Heu aufnehmen.

Quelle:

"Slowfeeding - Auswirkungen der Fütterung aus Heunetzen auf die Muskel-Skelett-Gesundheit":
- Marie Roig-Pons: Forschungsgruppe Equiden, Agroscope, Schweizer Nationalgestüt SNG, Avenches und Abteilung Tierschutz, Veterinary Public Health Institute, Universität Bern
- Anja Zollinger :Forschungsgruppe Equiden, Agroscope, Schweizer Nationalgestüt SNG, Avenches

Blog Futterwissen